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von Arne Krasting - 24. März 2020

Eine Schule der Superlative – Max Taut-Schule in Lichtenberg (Best of 75/Nr. 71)

 

Bruno und Max: zwei Brüder, zwei Lebenswege – ein Beruf. Die Söhne des Kaufmanns Julius Taut besuchen um 1890 in Königsberg erst das Gymnasium und dann die Baugewerbeschule. Bruno, laut, exzentrisch und vom Traum erfüllt, mit dem vier Jahre jüngeren, wesentlich ruhigeren Bruder Max in Berlin ein eigenes Architektenbüro zu eröffnen, versucht sich in seinen Architekturen früh an neuen Baumethoden der Verbindung von Stahl und Stein. Und Bruder Max ist nicht minder avantgardistisch: „Architektur ist eine soziale Kunst“ für ihn. Utopien vom neuen Leben, Bauen, Wohnen und einer neuen Kunst beschäftigen sie intensiv – Schulen und große Einzelhäuser, Wohnsiedlungen und visionäre Manifeste. Die Katastrophe des Ersten Weltkriegs bringt die Pläne des 1908 in Berlin gegründeten Architekturbüros der Brüder Taut vorerst zum Erliegen.

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Weimarer Republik: Die neue Zeit bringt neue Möglichkeiten. Max Taut weiß sie zu nutzen. Die Metropole Berlin setzt in den Goldenen Zwanzigern in Vielem neue Maßstäbe, auch in der Architektur. Im Jahr 1927 plant die Stadtverwaltung einen großen Wurf: die größte Schule Deutschlands soll entstehen. Ausgesucht dafür ist ein brachliegendes Gelände am heutigen Nöldnerplatz in Berlin-Rummelsburg.  Drei verschiedene Schultypen soll der Bau beherbergen: eine Berufsschule für Metallarbeiter, eine Mittel- und Volksschule und das Oberlyzeum, ein Gymnasium für Mädchen. Und die Stadt will keine konservative Lösung, sondern ein modernes Konzept. Illustre Namen befinden sich in der Endauswahl des Architektenwettbewerbs: Hans Scharoun, Heinz Stoffregen, Peter Jürgensen – und Max Taut.

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@Zeitreisen-Arne Krasting

Der Wahl fällt auf den Entwurf des Architekten Max Taut. Dessen Konzept ist eine gebaute Bewegung in funktionaler Sachlichkeit. Der Bau: Einen Gebäudebogen auf über 500 Meter Länge, folgt das riesige Schulhaus dem Verlauf von Schlichtallee und Fischerstraße. Eisenbeton als strukturbildendes Mittel für den klar gegliederten Wechsel aus Fenstern und Pfeilern, die Zwischenräume gefüllt mit gelben und roten Klinkern. Es entsteht eine Herberge gigantischen Ausmaßes für drei Schulen – selbstständige Institutionen, mit gemeinsamen Einrichtungen: eine zentrale Aula für 1.100 Personen, sieben Turnhallen, ein Aquarium und ein Kino. Ein Kultur- und Bildungszentrum für die Anwohner wird geplant. Funktionen und Aufgaben der Gebäudeteile sind genauestens aufeinander abgestimmt. Als „Lebensgemeinschaftsschule“ soll­ hier die Integration der 2800 Schülerinnen und Schüler in eine moderne und komplexe Gesellschaft gefördert werden, Bildung ­dem Alltagsleben näher rücken.

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Die Weltwirtschaftskrise 1929 stoppt die umfangreichen Bauarbeiten. Erst 1932 erfolgt die Fertigstellung. Es ist eine Teilfertigstellung. Nicht alle Gebäude werden nach dem Plänen Max Tauts errichtet, nur zwei der geplanten sieben Turnhallen entstehen.

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Aula der Max Taut-Schule @Max Taut-Schule

Max Taut emigriert nicht wie sein Bruder Bruno, als 1933 die Nationalsozialisten die Macht ergreifen. Von öffentlichen Bauvorhaben ist Max Taut als Vertreter der Moderne ausgeschlossen, er kann nur noch private Projekte umsetzen. Der Schulkomplex wird im Zweiten Weltkrieg von Bomben schwer beschädigt, die große Aula weitgehend zerstört. Nach Kriegsende blieb der Gebäudekomplex jahrzehntelang Ruine. Erst zwischen 2002 und 2007 stellen die Europäische Union und das Land Berlin in einem Gemeinschaftsprojekt Mittel für eine umfassende Sanierung bereit. Der Architekt Max Dudler übernimmt die Umbaumaßnahmen. Heute erstrahlt die Aula erstrahlt wieder in altem Glanz und als Oberstufenzentrum „Gebäude–Umwelt–Technik“ trägt die Schule seit 1997 auch den Namen ihres berühmten Architekten: Max-Taut-Schule.

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Geschrieben von Arne Krasting
Arne ist Historiker, der Gründer von Zeitreisen, Autor von dem Buch „Fassadengeflüster“, sowie Tourguide und Podcaster.

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